Cover
Titel
Donner à voir, donner à lire. Mémoire et communication dans la Rome ancienne


Autor(en)
Corbier, Mireille
Erschienen
Paris 2006: CNRS Éditions
Anzahl Seiten
292 S.
Preis
€ 45,00
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Renate Lafer, Institut für Geschichte, Alpen-Adria-Universität Klagenfurt

Obgleich vom Titel her nicht erkennbar, ist diese Publikation wohl vor allem an Epigraphiker adressiert, da darin ausschließlich Inschriften aus dem Römischen Reich vorgestellt und diskutiert werden. Mireille Corbier, directeur de recherche am CNRS und ausgewiesene Epigraphikerin, betrachtet die Zeugnisse jedoch nicht allein aus der Sicht des Inschriftenforschers, sondern eingebettet in einen größeren Kontext. Demnach wird hier nicht auf mögliche Textergänzungen der Inschriften selbst eingegangen, sondern vielmehr Hintergrund und Aussagewert beleuchtet: Gefragt wird etwa nach dem Leserkreis, Orten der Aufstellung, Intentionen des Auftraggebers und Möglichkeiten der Lesung im sozial- und wirtschaftshistorischen Kontext. Es sind gerade Wirtschafts- und Verwaltungsthemen sowie Aspekte zur Schreibkundigkeit in der Antike, zu welchen Corbier bereits seit Jahrzehnten forscht und die daraus gewonnenen Erfahrungen somit auch in diese Publikation einfließen lässt.

In einem längeren Einleitungskapitel mit dem Titel „Le monument et la memoire“ bespricht Corbier zunächst allgemeine Fragen der Materialien, der Anbringungs- bzw. Aufstellungsorte sowie der Intentionen der Aufstellung. Ein kürzerer Abschnitt ist daneben der Methodik gewidmet. Die eigentliche Studie gliedert sich dann in vier Themenschwerpunkte, welche in mehrere Unterkapitel unterteilt sind: Im ersten, „L’ecriture exposée: Usages publics, usages privés“ benannten Teil wird in allgemein gehaltener Form zunächst über das Geschriebene im öffentlichen Bereich diskutiert. Corbier betrachtet Inventare und Graffiti, aber auch Gesetze und ihre Funktion sowie die Möglichkeiten der Bekanntmachung von Texten. Im zweiten Kapitel werden die Frage der Schreibkundigkeit und verschiedene damit im Zusammenhang stehende Aspekte besprochen. Einen interessanten Unterabschnitt stellt der dritte dar, in dem auf die Kombination von Schrift und Bild auf Reliefs, Malereien und Mosaiken und ihre Funktion hingewiesen wird. Ein eigenes Unterkapitel bildet hier die Schauspielkultur; ein Thema, das bereits mit dem auf dem Umschlagcover abgebildeten Mosaik von Smirat angekündigt wird.

Nach dieser Vorstellung meist allgemein bekannter und genereller Überlegungen bringt Corbier in den nächsten drei Abschnitten fachspezifische Aspekte zur Diskussion: Zunächst wird auf öffentliche Bekanntmachungen in Rom eingegangen: Angesprochen werden die in den Militärdiplomen genannten Lokalisierungen der Originalurkunden auf dem Kapitol sowie jene von Statuen Caesars auf dem Forum; letzteres wird im Zusammenhang mit der nur literarisch belegten Zuerkennung einer Statue des Pallas ad statuam loricatam divi Iulii erörtert. Abschließend zieht Corbier Vergleiche zwischen den literarischen Erwähnungen und archäologischen Überresten auf dem Palatin.

Ihren dritten Themenschwerpunkt nennt Corbier „affichage et communication: informer et commémorer“. In einem ersten Kapitel vergleicht die Autorin zunächst den Bericht des Tacitus über den Tod des Germanicus und zwei senatus consulta; in einem weiteren Unterabschnitt wird auf ein Edikt des Caracalla, auf die so genannte Inschrift von Banasa, mit all ihren Interpretationsschwierigkeiten eingegangen. Abschließend werden im vierten Teil in zwei Kapiteln Wirtschaftsthemen besprochen: Zum einen wird hier der Versuch gemacht, eine Zusammenschau zwischen Inschriften und Reliefs mit pastoralen Szenen und den Aussagen antiker Autoren und Gesetzestexten herzustellen. Zum anderen analysiert und interpretiert Corbier ein Dekret zugunsten der navicularii aus Arles.

Gesamt betrachtet wirkt die Auswahl der Beiträge etwas willkürlich aneinandergereiht, wenngleich in ihnen durchaus interessante Aspekte diskutiert und bewusst gemacht werden. Der Leser vermisst ein klares Gesamtkonzept und eine Abstimmung der einzelnen Kapitel aufeinander. Dies ist wohl auch darauf zurück zu führen, dass die meisten Kapitel, die hier präsentiert werden, von Corbier bereits einmal in Aufsatzform veröffentlicht und in diesem Band nur aktualisiert oder ein wenig überarbeitet wurden. Da somit bis auf den Einleitungsteil und den allgemein gehaltenen ersten Themenschwerpunkt, für den Corbier viel zu viele, nur kurz erwähnte Beispiele heranzieht, alle Kapitel bereits einmal publiziert wurden, bietet die Autorin hier nicht wirklich etwas Neues. Eine interessante Lektüre stellt die Arbeit aber dennoch dar.